Private Krankenversicherung: Deutschland vs. Europa

Herzlich willkommen auf ess-europe.de. Das Projekt existiert bereits seit 15 Jahren und informiert Menschen zum Thema Gesundheitsysteme in Deutschland sowie auch Europa. Schwerpunkt ist die private Krankenversicherung (PKV) im Vergleich zur gesetzlichen KV und den Gesundheitssystemen in Europa. Des Weiteren informieren wir Menschen, die einen Job in Europa suchen über die dortigen Sozialsysteme inkl. Krankenversicherung.

Besonderheiten der PKV in Deutschland

Die private Krankenvollversicherung versichert aktuell (Stand April 2016) ca. 8,79 Mio Menschen in Deutschland (Quelle: Verband der privaten Krankenversicherer). Im Gegensatz zur gesetzlichen Krankenkasse (GKV), sind die private Krankenversicherung Voraussetzungen deutlich erschwert. Neben den gesetzlichen Voraussetzungen können die privaten Versicherer selbst bestimmen, ob sie den Interessenten aufnehmen wollen oder nicht.

Unterschiede der PKV zur gesetzlichen Krankenversicherung

Es gibt einige Unterschiede zwischen der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung. Wir haben hier für Sie einen kurzen Überblick über die wichtigsten Fakten zur privaten Kankenversicherung:

Die private Krankenversicherung ist freiwillig

Privat versicherte Personen sind direkte Vertragspartner von Ärzten
Leistungen der PKV werden individuell nach eigenen Bedürfnissen zusammengestellt
Die Beitragsberechnung der GKV erfolgt nach Einkommen, in der PKV nach individuellen Faktoren wie Gesundheitszustand, Alter und gewünschte Leistungen
Die Behandlung von Privatpatienten wird von Ärzten nach einem anderen Entgeldschlüssel abrechnet

Freiwillige Versicherung vs. Pflichtversicherung

In Deutschland unterliegt jeder Bürger der Krankenversicherungspflicht, unabhängig davon ob er Arbeitnehmer ist oder von staatlichen Leistungen lebt. Die Versicherungspflicht wird von den gesetzlichen Krankenkassen gewährleistet. Diese sind verpflichtet jeden Bundesbürger zu versichern und die medizinische Grundversorgung zu gewährleisten.

In der privaten Krankenversicherung werden Menschen freiwillig versichert. Die Versicherungsunternehmen können Menschen auch ablehnen, falls sie einer Risikogruppe angehören und ggf. dauerhaft hohe Kosten verursachen.

 

Geht eine privat versicherte Person zum Arzt, ist sie der direkte Ansprechpartner bei allen Vertragsdetails. Der Behandlungsvertrag wird mit dem Patienten selbst abgeschlossen, dieser ist dafür verantwortlich, die Kostenübernahme mit der privaten Krankenversicherung zu regeln. Das heißt aber auch, dass die Arztrechnungen zuerst vom Privatpatienten selbst bezahlt werden müssen. Da die Zahlungsfristen recht lang sind, erhalten Privatpatienten für gewöhnlich die Beitragserstattung der privaten Krankenversicherer innerhalb dieser Frist und müssen selbst kein Geld auslegen.

In der GKV wird die Abrechnung direkt zwischen Krankenkasse und Arzt/Krankenhaus mittels Versicherungskarte abgewickelt. Es ist gesetzlich vorgeschrieben, welche Leistungen die GKV trägt. Bei individuell zu entscheidenden Maßnahmen, wie beispielsweise Zahnersatz, muss zuvor ein Antrag bei der GKV gestellt werden, bevor die Behandlung bezahlt wird.

Leistung nach Bedürfnissen vs. Standardkatalog

 

Bei Versicherungsleistungen können Patienten der privaten Krankenversicherung selbst entscheiden, welche Leistungen sie benötigen. Je nach Wunsch können Basisleistungen (ähnlich dem GKV Leistungskatalog), bis hin zu umfangreichen Absicherung abgeschlossen werden. In der GKV werden Familienmitglieder durch die Familienversicherung kostenfrei mitversichert. In der PKV hingegen muss für jedes Familienmitglied einzeln kostenpflichtig versichert werde.

Altersrückstellungen in der privaten Krankenversicherung

In der gesetzlichen Krankenversicherung tragen junge Menschen die Kosten für Ältere, das sogenannte Umlagenverfahren kommt zum Einsatz. In der PKV werden Altersrückstellungen gebildet, so dass die teureren Beiträge im Alter aufgefangen werden. In der Vergangenheit gab es immer wieder Kritik an den Billigtarifen und Lockangeboten der privaten Krankenversicherung. Hier wurden kaum Altersrückstellungen gebildet und somit gab es massive Beitragserhöhungen im Alter. PKV Tarife ab 59,- Euro sind daher vom Markt verschwunden und auch nicht mehr werbefähig.

Beitragsberechnungen bei den Krankenversicherungen

Maßgeblich unterschiedlich ist auch die Berechnung der Beiträge in der gesetzliche und private KV. In der gesetzlichen Krankenversicherung ist das Einkommen entscheidend für die Höhe des monatlichen Beitrags. Unabhängig davon, welche gesundheitlichen Leistungen in Anspruch genommen werden, muss der Beitrag gemessen am Einkommen entrichtet werden. Als obere Grenze wird die Beitragsbemessungsgrenze herangezogen, so dass die monatlichen Kosten für die Krankenkasse irgendwann nach oben hin gedeckelt sind. 2016 liegt diese bei 50.850 Euro im Jahr oder 4237,50 Euro im Monat.

Die PKV hingegen berechnet die monatlichen Beiträge nach individuellen Risikofaktoren. Sowohl das Alter, der Gesundheitsstatus und auch die gewünschten Leistungen haben einen Einfluss darauf, wie hoch der monatliche Beitrag in der PKV ist. Gezahlte Beiträge sind unter Umständen erstattungsfähig, wenn über einen längeren Zeitraum keine medizinischen Leistungen in Anspruch genommen wurden. Lesen Sie hier mehr zum Thema Kosten der privaten Krankenversicherung.

Zuzahlungen

Für einige Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung gibt es gesetzlich vorgeschriebene Zuzahlungen. Auch Heilmittel müssen mit festgelegten Beiträgen selbst mitfinanziert werden. In der privaten Krankenversicherung hingegen gibt es solche Zuzahlungen nicht, verordnete Heilmittel und Medikamente werden komplett von der Krankenversicherung übernommen oder müssen wahlweise komplett selbst finanziert werden. Ob solche Leistungen übernommen werden, kann der Versicherte bei Vertragsabschluss klären.

Kosten für die private Krankenversicherung

Es gibt keinen allgemein gültigen Versicherungsbeitrag der von jedem PKV-Mitglied entrichtet werden muss. Die Höhe des Beitrags wird aus drei Kriterien ermittelt.

Zum einen wird der Risikoanteil einbezogen, der für die Finanzierung der Krankheitskosten eingesetzt wird. Zum anderen wird der Sparanteil einberechnet, der dafür Sorge trägt, dass im Alter keine immens hohen Kosten auf die versicherten Personen zukommen (Stichwort Altersrückstellungen). Der dritte Faktor ist der Verwaltungskostenanteil, mit dem die Kosten der Versicherung gedeckt werden.

Wie hoch die tatsächlichen Beiträge sind, richtet sich nun nach den individuellen Umständen der versicherten Person. Raucher z.B. zahlen grundsätzlich höhere Beiträge. Das Risiko einer potentiellen Erkrankung wird an den Lebensumständen bemessen, auch das Alter spielt hierbei eine Rolle. Als Anhaltspunkt lässt sich sagen, dass ein 30 Jähriger Mann für einen guten Tarif in der privaten Krankenversicherung inkl. Alterrückstellungen ca. 400,- Euro im Monat zahlen muss. Als Gutverdiener würde man in der gesetzlichen Kasse mehr als 650,- Euro zahlen, ohne die guten Leistungen der Privaten.

Voraussetzungen für die private Krankenversicherung

Um der PKV beizutreten, müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt werden. Selbstständige, Beamte und Freiberufler können unabhängig vom monatlichen Einkommen in die PKV wechseln. Möchte hingegen ein gesetzlich versicherter Angestellter Mitglied der PKV werden, unterliegt er gewissen Bedingungen. Grundvoraussetzung ist, dass er nicht mehr der gesetzlichen Versicherungspflicht unterliegt, was einkommensabhängig ist.

Im Jahr 2016 liegt die Versicherungsgrenze bei 56.250 Euro brutto pro Jahr. Verdient ein Angestellter/Arbeitnehmer mehr als diesen Betrag, scheidet er aus der gesetzlichen Versicherungspflicht aus und kann sich in der GKV nur noch freiwillig versichern. Der Wechsel in die PKV ist dann aber auch möglich.

Die Versicherungspflichtgrenze wird jährlich angepasst. Seit Jahren steigt die Grenze wie die nachfolgende Tabelle verdeutlicht:

Jahr Versicherungspflichtgrenze
2016 56.250,- Euro
2015 54.900,- Euro
2014 53.550,- Euro
2013 52.200,- Euro

Wie sinnvoll ist eine private Krankenversicherung

 

Ob die PKV sinnvoll ist oder nicht, kann nicht pauschal beantwortet werden, da die Lebensumstände individuell berücksichtigt werden müssen. Auch die Ansprüche, die seitens des Versicherungsnehmers bestehen, sollten eine Rolle spielen. Junge, gesunde Menschen, die Gutverdiener sind, sollten sich einen Wechsel in die PKV überlegen. Diese kann hierdurch viel Geld sparen.

Doch der Kostenfaktor sollte nicht die einzige Rolle bei der Entscheidung spielen, auch die Wünsche an die Versicherung sind wichtig. Möchte der Versicherungsnehmer flexibel sein bei der Wahl seiner Ärzte und legt wert auf die Kostenübernahme besonderer Heilbehandlungen, kann die PKV durchaus Sinn ergeben. Allerdings lassen sich individuelle Gesundheitsleistungen auch für Versicherte der GKV in Anspruch nehmen, dann auf Basis der Selbstzahlung oder als eine private Krankenzusatzversicherung. Zu den beliebtestes Zusatzversicherungen bei gesetzlich Versicherten gehört die Zahnzusatzversicherung.

Auch der Gesundheitszustand spielt eine Rolle. Während es in der GKV keine Rolle spielt, ob bereits Vorerkrankungen vorhanden sind oder wie alt der Versicherungsnehmer ist, fließen diese Faktoren in der PKV in die Beitragsberechnung ein.

Private Krankenversicherung im Alter

Onlinemagazine und Zeitungen berichten immer wieder davon, dass die Private Krankenversicherung im Alter schnell zu teuer wird. Dies stimmt jedoch nur zum Teil. Häufig handelt es bei den Betroffenen um Menschen, die auf die billigen Locktarife der letzten Jahre hereingefallen sind. Diese wurde inzwischen vom Markt genommen. Heutige Tarife haben höhere Altersrückstellungsquoten und wollen so die möglichen Zusatzkosten im Alter auffangen. Ein junger Mensch bezahlt einen Beitrag, der über seine in Anspruch genommenen Leistungen hinausgeht. Dieser Beitrag wird für die Alterungsrückstellung verwendet.

Darin ist bisher nicht einkalkuliert, dass die medizinische Inflation zu einer generellen Erhöhung der Beiträge führen kann. Dass die Beiträge steigen werden, sollte jedem klar sein. Dies liegt nicht nur an unserer längeren Lebenserwartung, sondern daran, dass die medizinische Versorgung generell teurer geworden ist.

Beste private Krankenversicherung im Test

In regelmäßigen Abständen testet Stiftung Warentest die Qualität der privaten Krankenversicherungen. Der letzte PKV Test (nur für Beamte) zeigt, dass die Concordia für Beamte am besten abschneidet. Mit Sehr Gut bewertet wurde der BV20 und BV30. Daneben schneidet noch die HUK-Coburg* sowie die Debeka gut ab.

Für Selbstständige hingegen empfehlen Experten die Provinzial Hannover. Diese Anbieter bekam ebenfalls die Note „Sehr Gut“ und bietet mit den Tarifen VKSu, KHPnu und KHUnu optimale Versorgungspakete für Selbstständige.

Die HUK-Coburg* bietet mit dem Tarif Komfort 2 auch für Angestellte ein optimales Paket, was von der Stiftung Warentest mit Sehr gut bewertet wurde. Gleiche Note wurde ebenfalls an die Provinzial Hannover vergeben, hier mit den Tarifen VKA+u, KHPnu und KHUnu.

Wenn Sie weitere Informationen zu Thema wünschen, besuchen Sie auch unseren Ratgeberartikel zum Thema private Krankenversicherung Test.

 

PKV für Studenten

Studenten gehören neben Beamten und Selbstständigen zu den Berufsgruppe, die ohne besonderen Voraussetzungen bei Studienbeginn in eine private Krankenversicherung wechseln können. Die Wahl der Krankenversicherung gilt dann mindestens bis zum Ende des Studium bzw. bis der Studentenstatus wieder verloren wird. Eine PKV für Studenten ist vor allem für Studenten, deren Eltern beihilfeberechtigt sind besonders interessant oder für Studenten, die länger studieren bzw. schon älter sind. Für diese bietet die gesetzliche Krankenkasse keine günstigen Studententarife mehr. Erfahren Sie hier mehr zum Thema Krankenversicherung für Studenten.

Rückkehr von der PKV in die GKV

Der Wechsel von der GKV in die PKV gestaltet sich recht einfach, ganz anders sieht es aber mit einer späteren Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung.. Wer einmal in der PKV ist, kann nur noch unter bestimmten Umständen wieder zur gesetzlichen Krankenversicherung wechseln. Das sind die Ausnahmen:

Das jährliche Bruttoeinkommen von Angestellten sinkt unter die Jahresarbeitsentgeltgrenze
Selbstständige Personen wechseln in ein Angestelltenverhältnis und verdienen weniger als 56.250 Euro pro Jahr
Es erfolgt eine Arbeitslosmeldung und die gesetzliche Versicherungspflicht greift
Wer älter als 55 Jahre ist, hat in der Regel keinerlei Wechseloptionen mehr. Die Rückkehr in die GKV bleibt verwehrt. Nicht nur aus diesem Grund ist es wichtig, den Wechsel in die PKV gut zu überdenken. Eine Versicherungspolice ist schnell abgeschlossen, aufgelöst ist das Vertragsverhältnis nicht mehr so einfach.

Private Pflegeversicherung

Als Mitglied der GKV ist die Pflegeversicherung automatisch integriert und auch im Akutfall wird für Pflegedienstleistungen Sorge getragen.
Anders sieht es in der PKV aus, die sich ausschließlich am akuten Gesundheitsbedarf orientiert. Wer somit eine PKV abschließt, sollte gleichzeitig auch eine private Pflegeversicherung abschließen, um im Ernstfall abgesichert zu sein. In den meisten Fällen wird diese direkt von der PKV angeboten. Ohne eine private Pflegeversicherung ist die PKV ein Risiko, da jeder Mensch zu jedem Zeitpunkt pflegebedürftig werden kann.
Versicherungsvergleich vor Abschluss immer sinnvoll

Der Wechsel in die PKV sollte nie übereilt erfolgen, denn es gibt auch zwischen den einzelnen privaten Anbietern große Unterschiede. Die können sich auch auf die monatlichen Beiträge auswirken. Ein objektiver Vergleich ist sinnvoll. Die Entscheidung für die PKV ist prägend, daher im Zweifel lieber noch einmal eine Nacht darüber schlafen, bevor der Abschluss der Versicherung erfolgt.